Beschwerde zeigte Wirkung: BAG gibt Studie zur Selbstdispensation frei.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hielt während eineinhalb Jahren eine Studie aus politischen Gründen unter Verschluss. Die Publikation kommt nämlich zum Schluss, dass der Vertriebskanal von Medikamenten keinen Einfluss auf die Gesundheitskosten hat.
In Ärztekreisen zirkulierte spätestens seit Sommer 2014 die Nachricht, das BAG verfüge über den Schlussbericht einer Studie, welche das Bundesamt bei der Firma Polynomics in Auftrag gegeben habe. Zusammen mit der Krankenkasse Helsana wurden die Datensätze von rund 340’000 Versicherten aus Kantonen mit und ohne Selbstdispensation untersucht.
Auf Anfrage stritt das BAG ab, eine Studie unter Verschluss zu halten. Gleichzeitig liess es ausgewählte Parlamentarier Einsicht in die Studie nehmen, die dafür eine Geheimhaltungserklärung unterzeichnen mussten. Dieses Vorgehen ist umso stossender, als der Nationalrat in dieser Zeit die Revision des Heilmittelgesetzes beraten hat, welches auch den Vertriebskanal von Medikamenten beinhaltet.
Die Aerztegesellschaft des Kantons Bern war nicht bereit, diese Geheimhaltungspolitik eines Bundesamtes hinzunehmen. Marco Tackenberg, Leiter unseres Pressedienstes sowie Redaktor von „Politik + Patient“, hat Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen eingereicht.
Der mediale und juristische Druck hat Wirkung gezeigt: Ende Mai gab das BAG die Studie (Link zur PDF-Datei) zur Publikation frei. Die Resultate entsprechen unseren Vermutungen: SD-Patienten haben unter gleichen Bedingungen niedrigere Medikamentenausgaben; SD-Patienten haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass preisgünstige Präparate gewählt werden; der Einfluss der SD auf die Gesamtausgaben für OKP-Leistungen ist statistisch nicht signifikant. In den Worten der Neuen Zürcher Zeitung: „Ärzte sind nicht teurer als Apotheker“.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und grüsse Sie freundlich.
Beat Gafner
Präsident der Ärztegesellschaft des Kantons Bern